Hartz war gestern: Bericht zur MAGAFI -Veranstaltung am 9. Juni
Die TeilnehmerInnen der Podiumsdiskussion v.l.n.r.: Christof Frey (DGB München), Heinrich Alt (BA), Prof. Dr. Sell, Birgit Harprath (BR), Brigitte Meier (Sozialreferentin LHM), Martina Musati (Jobcenter München) und Johanna Schilling (MAGAFI, Weißer Rabe) Foto: A. Barretta
Schon der große Andrang zum Vortragssaal im Berufsinformationszentrum der Münchner Arbeitsagentur am 9. Juni ließ erkennen, welche Dringlichkeit Betroffene wie Akteure im Sozialbereich einer Änderung der bereits erfolgten und noch geplanten Gesetzesvorgaben der Bundesregierung in der Arbeitsmarktpolitik beimessen. Beim Motto der Veranstaltung „Hartz war gestern! – Betriebliche Integrationskonzepte für Langzeitarbeitslose“ mag bei manchen ZuhörerInnen die Hoffnung auf eine Art Wundermittel gegen die derzeitige Misere im SGB II Bereich aufgekeimt sein, was freilich weder BA Vize Heinrich Alt noch Prof. Dr: Sell als Referenten anzubieten hatten.
Einigkeit herrschte bei beiden Experten sehr schnell darüber, dass eine öffentlich geförderte Arbeitsmarktpolitik nur dann erfolgreich sein könne, wenn sich diese an den individuellen Bedürfnissen der langzeitarbeitslosen Menschen orientiert. Zudem bedürfe es eines von Fachleuten vor Ort flexibel einsetzbaren, facettenreichen Instrumentariums mit einer ausreichenden finanziellen Ausstattung. Eben daran fehlt es aber derzeit. Prof. Sell machte in seinem schwungvollen Vortrag deutlich, dass die Kürzungen bei der Arbeitsförderung um 50% bis 2014 vor allem eine Konsequenz des milliardenschweren Bankenrettungspakets sind und bezeichnete die geplante Instrumentenreform wörtlich „als ein Chaos, wie ich es noch nie erlebt habe“.
Die anschließende Podiumsdiskussion, an der neben den Referenten auch Brigitte Meier (Sozialreferentin der LHM), Christof Frey vom DGB München, Martina Musati (Geschäftsführerin Münchner Jobcenter) und Johanna Schilling vom „Weißen Raben“ als MAGAFI Vertreterin teilnahmen, führte unter der Moderation von Birgit Harprath(BR) sehr schnell zu der Erkenntnis, dass auch die hochkarätigste Expertenrunde letztlich keine Sinn macht, wenn der Adressat für all die klugen und durchdachten Änderungsvorschläge – sprich die Bundesregierung in der Person von Ministerin von der Leyen – nicht anwesend ist.
Auf die Frage, wie es denn weitergehen solle, wenn sich die Bundesregierung beratungsresistent zeige und an ihren „schwachsinnigen Formaten“ (O-Ton Prof. Sell) festhalte, antwortete dieser mit einem Anflug von Galgenhumor: Man müsse „irgendwie bis 2012 überwintern“. Dann beginne der Bundestagswahlkampf und eine um die Wählergunst buhlende Bundregierung werde sich kompromissbereit zeigen. Aber möglichweise heiße es im Folgejahr trotzdem in Anlehnung an das Motto der Veranstaltung „von der Leyen war gestern“.
Die Präsentation zum Vortrag von Prof. Dr. Sell finden Sie hier. Die Pressemitteilung der MAGAFI zur Veranstaltung finden sie hier.